Ratgeber zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG – Werbungskosten für berufliche Fortbildung

1. Überblick

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG regelt die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Fortbildungen als Werbungskosten bei der Einkommensteuer. Werbungskosten mindern das zu versteuernde Einkommen, wenn sie beruflich veranlasst sind.

Die Vorschrift lautet im Kern:
Aufwendungen für eine Fortbildung, die der Erhaltung oder Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten dient, sind als Werbungskosten abziehbar.

2. Bedeutung der Vorschrift

Diese Norm ist besonders wichtig für Arbeitnehmer, Selbständige und Freiberufler, die Kosten für berufliche Weiterbildungen tragen. Sie stellt sicher, dass Aufwendungen für die berufliche Qualifikation steuerlich geltend gemacht werden können.

3. Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug

a) Beruflicher Zusammenhang

Die Fortbildung muss eindeutig beruflich veranlasst sein, also im Zusammenhang mit der aktuellen oder einer angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen.

b) Erhaltung oder Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten

  • Erhaltung: Beispielweise eine Fortbildung, die das bestehende Wissen auf dem neuesten Stand hält (z.B. Updates im Steuerrecht für Steuerberater).
  • Verbesserung: Fortbildungen, die eine Qualifikation aufbauen oder erweitern, um den beruflichen Wert zu steigern.

c) Kein Erststudium

Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium sind in der Regel keine Werbungskosten, sondern höchstens Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

4. Was kann geltend gemacht werden?

Typische abziehbare Kosten sind:

  • Kursgebühren
  • Prüfungsgebühren
  • Fachliteratur
  • Reisekosten zur Fortbildung
  • Arbeitsmittel im Zusammenhang mit der Fortbildung
  • Übernachtungs- und Verpflegungskosten bei auswärtigen Seminaren

5. Besonderheiten

Unterschied Fortbildung vs. Erststudium

  • Fortbildungen zählen zum Werbungskostenabzug.
  • Erstausbildung und Erststudium gelten als Sonderausgaben und sind begrenzt abziehbar.

Rückwirkende Berücksichtigung

Die Werbungskosten können nur im Jahr der Zahlung oder der Entstehung der Kosten geltend gemacht werden.

Mischfälle

Manchmal sind Fortbildungen auch privat mitbedingt (z.B. Hobby oder persönliches Interesse). In solchen Fällen kann eine anteilige Aufteilung erforderlich sein.

6. Praxis-Tipps

  • Belege sammeln: Rechnungen, Zahlungsbelege, Anmeldebestätigungen aufbewahren.
  • Nachweis der beruflichen Veranlassung: z.B. durch Arbeitgeberbestätigung oder konkrete Verknüpfung mit der beruflichen Tätigkeit.
  • Abgrenzung zur privaten Lebensführung: Nur die beruflich veranlassten Kosten sind abzugsfähig.
  • Kostenteilung bei gemischten Veranstaltungen (beruflich und privat) vornehmen.

7. Zusammenfassung

VoraussetzungBeschreibungBeispiel
Beruflicher ZusammenhangFortbildung muss mit Beruf zu tun habenSteuerseminar für Buchhalter
Erhaltung/Verbesserung der FähigkeitenWeiterbildung zur Qualifikationserhaltung oder -verbesserungUpdate-Kurs für IT-Fachkräfte
Kein ErststudiumKeine erstmalige BerufsausbildungZweites Studium nach Ausbildung
Abzugsfähige KostenKursgebühren, Reisekosten, FachliteraturSeminar, Fachbücher, Hotelkosten

Beispiel: Steuerliche Berücksichtigung einer Fortbildung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG

Situation:
Anna ist Buchhalterin und besucht im Jahr 2025 einen 3-tägigen Workshop „Aktuelle Änderungen im Steuerrecht“. Die Fortbildung dient dazu, ihr Wissen auf dem neuesten Stand zu halten und ihre beruflichen Fähigkeiten zu erhalten.

Kostenübersicht:

KostenartBetrag (€)Erläuterung
Kursgebühren500Teilnahmegebühr für den Workshop
Fachliteratur100Fachbücher zum Thema Steuerrecht
Fahrtkosten (PKW, 300 km)1800,30 € pro km (einfache Strecke) x 2 x 300 km
Übernachtungskosten200Hotelkosten für 2 Nächte
Verpflegungsmehraufwand48Pauschale 24 € pro Tag x 2 Tage
Gesamtkosten1.028

Musterrechnung für die Steuererklärung

1. Werbungskosten für Fortbildung:
Anna gibt in ihrer Steuererklärung folgende Beträge an:

  • Kursgebühren: 500 €
  • Fachliteratur: 100 €
  • Fahrtkosten: 180 €
  • Übernachtungskosten: 200 €
  • Verpflegungsmehraufwand: 48 €

2. Eintragung in die Steuerformulare:

  • Unter „Werbungskosten“ bei der Anlage N (für Arbeitnehmer) trägt Anna die Summe von 1.028 € als Fortbildungskosten ein.

Hinweise:

  • Die Fahrtkosten sind mit 0,30 € pro Kilometer angesetzt (einfache Strecke).
  • Verpflegungspauschalen gelten nur bei auswärtiger Tätigkeit von mehr als 8 Stunden.
  • Für Übernachtungskosten ist ein Nachweis (Rechnung) notwendig.
  • Fachliteratur muss im Zusammenhang mit der Fortbildung stehen.